22. September 2021 | Altes Rathaus, Hannover | Claudia Meixner
"Auf Spurensuche"
Die Architektin Claudia Meixner stellt bei „Architektur im Dialog“ ihre Arbeiten vor.
Gemeinsam mit ihrem späteren Büropartner Florian Schlüter verbrachte Claudia Meixner Mitte der 1990er ein Jahr als Stipendiatin in der Villa Massimo in Rom. Gemeinsam gingen sie auf Spurensuche in der Stadt, arbeiteten frei, entwickelten Raumstudien und näherten sich dem, was einmal der rote Faden ihrer Entwurfsarbeiten werden sollte. Das Spiel von Abstraktion und Gegenständlichkeit interessierte sie, ebenso das Verhältnis von Masse und Raum und die alte Stadt, in der sie Neues entdeckten. Sie fanden ihren Weg in die Architektur und setzten diesen von den ersten kleineren Projekten bis hin zu ihren aktuellen Hochhausbauten fort.
Ihr Büro MEIXNER SCHLÜTER WENDT in Frankfurt am Main begann 1997 klein und zählt heute 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auch wenn Meixners Anteil am Entwurf noch immer groß ist, betont sie bei ihrem Vortrag bei „Architektur im Dialog“ der Lavesstiftung am 22. September 2021 die Gesamtleistung als Team. Mit diesem Team entstehen in den Jahren kleine und große Projekte, Einfamilienhäuser, öffentliche Gebäude, Kirchen, Wolkenkratzer. Der Ansatz ist immer der gleiche: Ein Bewusstsein für die kulturellen und sozialen Ressourcen des Ortes entwickeln, Grenzen überwinden, Spaß am Weitererzählen des Vorhandenen haben. Wie das konkret aussieht, zeigt exemplarisch das Wohnhaus Wohlfarth-Laymann in der Nähe von Frankfurt. Aus der Analyse des Grundstücks und der Qualität des Vorhandenen entstand der Gedanke, das kleine Holzhaus zum Ausgangspunkt der weiteren Planungen zu machen. Das alte Gebäude blieb als Ressource also stehen, wurde aber durch eine neue, bauphysikalisch optimierte Hülle komplett überdeckt. So steht das Alte im Neuen und schafft Räume, die zur Auseinandersetzung mit der Historie auffordern. Der Bestand blieb auch bei einem der bekanntesten Projekte des Büros entscheidend, obwohl ein Großteil abgerissen wurde. Allein der Altarraum und der Chorbereich der Frankfurter Dornbuschkirche blieben erhalten und reichen doch völlig für die Kirche aus. Die eine erforderliche neue Fassadenwand erzählt als Relief von dem, was einst hinter ihr lag. Auf der Fläche des ehemaligen Kirchenschiffes findet sich heute ein öffentlicher Platz, auf dem sich die Bewohnerschaft des Quartiers gern trifft.
Das Verhandeln von Vorhandenem und Ergänzendem ist, was Meixner als Architektin spannend findet. Während sie den Bestand schätzt, hat sie keine Berührungsängste vor dem Neuen. Neues, so Meixner, schaffe die Ressourcen der Zukunft. Neben allen Details und ungewöhnlichen Ideen zeichnen die Arbeiten auch eine gewisse Schlichtheit aus. Zeitlosigkeit im Entwurf, sagt Meixner, sei nachhaltig. Ausgangspunkt ihrer Arbeit sind aber immer die Spuren, die sie vor Ort findet, auswertet und neu ordnet – ganz so wie Mitte der 90er in Rom.
Fotos: Henning Scheffen