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30. November 2023 | Altes Rathaus, Hannover | Prof. Florian Nagler

Einfach (um)bauen

Dreißig Stühle mussten nachbestellt werden, da der Andrang zu groß war. Zum vierten Mal in 2023 fand die Veranstaltungsreihe „Architektur im Dialog“ statt. Gast des Abends war der Münchener Architekturprofessor Florian Nagler, der mit seinem Vortrag die 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmer begeisterte. Unter der Überschrift „einfach (um) bauen“ stellte Nagler seine Bau- und Forschungsprojekte der letzten Jahre vor und erläuterte, wie er klimaschonendes, einfaches Bauen möglich gemacht hat.

Ein Titel, der nicht besser in die aktuellen Debatten passen könnte, erläuterte Kammerpräsident Robert Marlow in seiner Begrüßung. Um unserer immensen Verantwortung gerecht zu werden, müssen wir noch stärker lernen, Ressourcen zu schonen und bestehende Strukturen zu nutzen, anstatt ständig von einem Neubau zum nächsten zu wandern. Marlow appellierte an alle Beteiligten, noch intensiver und enger an einem Strang zu ziehen und gemeinsam für die Zukunft des Berufsstands einzustehen. 

Nagler setzt auf intensives, teils mehrjähriges Monitoring, um Gebäude noch energieeffizienter, noch materialsparender und in Konsequenz noch „einfacher“ zu bauen, oder eben umzubauen. Er berichtete von einem Monitoring-Projekt mit drei aneinandergrenzenden Mehrfamilienhäusern, den Forschungshäusern Bad Aibling, die jeweils aus unterschiedlichen, miteinander vergleichbaren Materialien gebaut wurden. Jeweils überwiegend bestehend aus Beton, Holz oder Mauerwerk wurden wertvolle Daten gezogen, die dabei helfen sollen, die verschiedenen Konstruktionsarten miteinander zu vergleichen und zu bewerten. Für die Konzeption der Forschungshäuser erhielt Nagler den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2021. Ziel müsse es sein, klimafreundliche Häuser zu bauen, die auch in einigen hundert Jahren noch stehen würden, so Nagler.

Dass die Projekte von Prof. Nagler nicht nur Forschungszwecken dienen, zeigte er an verschiedensten Beispielen, nicht zuletzt auch an seinem eigenen Wohnhaus. Deutlich zu groß für zwei Personen war das Familienhaus in München. Nagler und seine Frau leben immer noch dort, aber aus einem Haus für zwei Personen wurde, eine Wohnung für vier Personen und ein Büro für 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Florian Nagler Architekten GmbH. Wie einfacher Neubau gelingen kann, zeigte sich an dem Bau einer Maschinenhalle in Irschenhausen. Lokales Holz und eine japanische Sedimenttechnik sorgten für ein „einfaches“ Ineinanderstecken der Bauteile und ressourcen- und umweltschonendes Bauen auf dem Land.

Florian Nagler ist Mitinitiator des Gebäudetyp-e der Architektenkammer Bayern. Die Idee dieses Gebäudetyps ist es, die bestehenden Gebäudeklassen der Bayerischen Bauordnung nicht zu ersetzen, sondern sie zu ergänzen. Dies ermöglicht Bauherren und Planern, ihr Projekt auf die wesentlichen Schutzziele der Bauordnung zu fokussieren, wie z.B. Standsicherheit, Brandschutz, gesunde Lebensverhältnisse und Umweltschutz. Dadurch können umfangreichere Normen und Standards vermieden werden, insbesondere um den Umbau und die Renovierung bestehender Gebäude einfacher und attraktiver zu gestalten. Der Gebäudetyp-e erfreute sich nicht nur im Bayerischen Bauausschuss großer Zustimmung und führte dort zu einer Überarbeitung der Bauordnung, sondern wird auch von der Bundesarchitektenkammer und den Länderkammer unterstützt und in die Pläne der Bundesregierung integriert. Bundesbauministerin Geywitz äußerte sich in jüngsten öffentlichen Äußerungen äußerst positiv über den Gebäudetyp-e.

Analog zum Gebäudetyp-e läuft in Niedersachsen das Modellprojekt „Einfach gut!“, ein Kooperationsprojekt mit dem Land Niedersachsen unter der Leitung von Architekt Prof. Sven Martens, der das Podiumsgespräch mit Prof. Nagler im Anschluss an dessen Vortrag moderierte.

Auf dem Podium sprachen Nagler und Martens im Anschluss an seinen Vortrag über die Gemeinsamkeiten und Verbindungen von „Einfach gut!“ und dem Gebäudetyp-e, woran klimaschonendes, einfaches Bauen häufig scheitert und beantworteten die zahlreichen Fragen der überaus interessierten Zuhörerinnen und Zuhörer.

Fotos: Kai-Uwe Knoth