14. Mai 2014 | Altes Rathaus Hannover | Wolf D. Prix
Was hat der Song „Purple Haze“ von Jimmy Hendrix mit Architektur zu tun? Bei Wolf D. Prix wird seine Tonspur zum modellierenden Element der Fassade eines temporären Mini-Opernhauses in München – zackig, rockig, effektvoll. So scheint grundsätzlich die Architektur dieses in den 1980er-Jahren durch den Dekonstruktivismus bekanntgewordenen Österreichers, der sein Himmelb(l)au-Projekt vor nunmehr 46 Jahren begann. Nach der längeren aber bereits Aufmerksamkeit erregenden Pionierphase des Büros bearbeitet Prix heute vor allem die großen internationalen Projekte, obwohl er es durchaus noch klein kann, wie er am Beispiel der Martin Luther Kirche in Hainburg in Österreich zeigt. Wobei die Dachinstallation dann doch so groß war, dass sie in vier Teilen von Sattelschleppern durch das kleine Örtchen gefahren und vor Ort montiert werden musste. Austauschbar will er eben nicht sein, sondern seine Handschrift hinterlassen. Dies ist durchaus konkret gemeint, beginnen seine Entwürfe doch meist mit Handzeichnungen. In diesem, wie Prix betont, sensibelsten Moment der Planung, lasse sich Architektur am radikalsten verändern. Zwänge lasse er in dieser Phase nicht zu, schon gar nicht von Bauherren.
Auch wenn Prix die klassischen Methoden der Skizze und auch des Modells schätzt, hat er doch auch gegen Technik nichts einzuwenden. Ohne die Darstellungskraft des Computers wären seine Entwürfe ohnehin nicht umsetzbar. Schon gar nicht bei den Chinesen, die gern alles eine Nummer größer mögen. 170 Meter überspannt sein Dawang Mountain Resort – ein 120.000 Quadratmeter-Mix aus Hotel, Indoor-Ski-Halle, Shopping-Mall und Wasserpark – die Schlucht in Changsha, China. Das Projekt, das wie dem Set eines Science-Fiction-Films entrissen scheint, befindet sich im Bau.
Ist Prix also ein Star? Er wäre es nicht, sagt er selbst, wenn er nicht Erfahrung und Kompetenz mitbrächte – positive Eigenschaften des Alters wie der 72-jährige anmerkt. Aber auch Selbstbewusstsein setzt Ideen durch. Könige und Industriebosse geben sich die Klinge in die Hand, um sich von Prix einen Bau ins Himmelblaue errichten zu lassen.
Eine ganze Stadt voll Himmelb(l)au will Prix aber nicht, auch wenn er Gebäude schätzt, die zur Identifikation dienen und die einen mental in Besitz nehmen. Städtebau beschäftigt den Stararchitekten ohnehin, auch über Einzelgebäude hinaus. Sein Büro klärt derzeit im Rahmen eines großen Forschungsauftrags, welche Effekte die Bebauung an bestimmten Achsen auf den Energiehaushalt von Städten hat. Es sei ihm nicht mehr wichtig, ob er kopiert werde, sagt Prix zum Ende. Jemand wie er hat den Konkurrenzkampf längst hinter sich gelassen. „The Wolf of Architecture“ – so sieht er sich schmunzelnd selbst. Was singt Jimmy Hendrix in Purple Haze? „‘scuse me while I kiss the sky.”
Fotos: Kai-Uwe Knoth