7. April 2005 | Altes Rathaus Hannover | Prof. Albert Speer
In den nächsten 15 Jahren werden in China 300 Millionen Menschen in Städte ziehen. Städte, die es noch nicht gibt. Städte, die er planen wird, bereits plant. Albert Speer, der Architekt und Stadtplaner aus Frankfurt, der Gründer von AS+P, 70-jähriger Globetrotter, weltumspannender Metropolenplaner und spitzer Kritiker deutscher Städtebaupolitik. Albert Speer, der Sohn, dessen Vater nicht nur Rädchen im Getriebe des Nazi-Terrors war, sondern Teil des Terrors selbst. Um ihn zu sehen, kamen so viele Menschen ins Alte Rathaus nach Hannover, dass die Stühle, die die Architektenkammer aufgebaut hatte, nicht mehr ausreichten. Albert Speer, der Publikumsrenner.
„Architektur im Dialog“, hieß es am 7. April zum zweiten Mal und Kammerpräsident Wolfgang Schneider fragte seinen Gast Speer vor allem nach den globalen Herausforderungen in Architektur und Städtebau und wie sie bewältigt werden können, wie er die wuchernden Städte in China in geordnete Bahnen lenken will. Die Anforderung an Speer hieß auch, dem Berufsstand seine Erkenntnisse weiterzugeben.
Albert Speer, der Berichterstatter. Er zeigte die Planungen seines Büros in Riad, Saudi-Arabien, wo sie versuchen, das Wachstum der Stadt, die bis 2020 doppelt so groß sein wird wie heute, zu kanalisieren und Bedingungen zu schaffen, die ein Leben überhaupt noch möglich machen. Unterirdischer Verkehr ist nur eine Lösung. Er zeigte seine einfachen, aber realistischen Ideen für Abuja, den Sitz der Regierung in Nigeria, der einst von Kenzo Tange zerplant worden war. In China letztendlich ist es Speer gelungen Wohnungen zu bauen, die eine Wärmedämmung westeuropäischen Standards besitzen – die ersten in China überhaupt. Das alles, so macht er deutlich, geht nicht allein. Speer und seine Kollegen nutzen weltweite Netzwerke, um ihr Wissen zu transferieren. Dabei ist die Auseinandersetzung mit der jeweiligen Kultur des Landes, die Überwindung der Sprachbarrieren, eine ausgeprägte Kompromissfähigkeit und viel Idealismus von Nöten. Interdisziplinarität ist Speers wichtigstes Stichwort. Gemeint ist auch die Zusammenarbeit mit lokalen Partnern, ohne die nichts läuft in den Schwellen- und Entwicklungsländern. Dabei gilt es, die vorhandenen Kompetenzen ernst zu nehmen. Ideen durchzusetzen und ökologische Innovation voranzutreiben schaffe nur, wer nicht als Besserwisser auftrete, betont Speer noch, bevor er auf die Bühne zum Interview mit Dirk Liebenow vom NDR geht. Speer, der Vermittler.
Fotos: Kai-Uwe Knoth