13. April 2015 | Altes Rathaus Hannover | Podiumsdiskussion mit Rainer Nagel u.a.

Wer macht eigentlich Baukultur?

Es waren sich am Ende des Abends im Alten Rathaus Hannover eigentlich alle einig. Baukultur, die machen wir alle gemeinsam. Doch, so fragte Hannovers Stadtbaurat Uwe Bodemann, gibt es auch einen „baukulturellen Konsens“ der verschiedenen Akteure?

Die Stadt Hannover, die derzeit ihren Stadt- und Bürgerdialog „Mein Hannover 2030“ durchführt, hatte am 13. April gemeinsam mit der Architektenkammer zu einer Veranstaltung eingeladen, um, wie es Kammerpräsident Wolfgang Scheider ausdrückte, die „Kernkompetenz der Architekten“ unter die Lupe zu nehmen: die Schaffung von Baukultur und ihren Wert für die Stadt.

Jeder trägt dabei Verantwortung, die Stadtverwaltung ebenso wie Architekten, Investoren und Bürger. Die öffentliche Hand jedoch, so Reiner Nagel, Vorsitzender der Bundesstiftung Baukultur, müsse vorangehen. Er zitierte Ralf Meister, Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, mit den Worten, Baukultur sei „die Grammatik der Stadt“. Ohne Baukultur wäre die Stadt nicht lesbar oder gar verständlich.

Architekturkritikerin Ursula Baus aus Stuttgart unterstützte Nagel. Sie forderte stärkere Verwaltungen, die konsequenter in die Gestaltung der Städte wirken sollten und sich nicht von finanzstarken Investoren die Regeln vorschreiben lassen dürften. Eine riesige Shopping-Mall mit nur zwei Ein- und Ausgängen, wie ein Beispiel aus Stuttgart verdeutlichte, schaffe eben keine aufgelockerte europäische Stadt, sondern eine hermetische Anlage.

Doch wie gelingt es, Baukultur stärker in den Alltag der Menschen zu bringen, damit diese sie verstehen und sich mit ihr auseinandersetzen? Schneider forderte konkrete Leitbilder, um Baukultur sichtbar zu machen, gar öffentlichen Streit verlangte Baus. Hamburgs Oberbaudirektor Jörn Walter ging so weit nicht, war aber der Meinung, dass eine „Emotionalisierung“ der Planung vonnöten sei, ansonsten sei die Gefahr groß, dass die Zielgruppe „einschliefe“. Das baukulturelle Erbe zu wahren sei dabei einerseits eine „Anstrengung“, man dürfe als Generation andererseits aber auch keine Angst haben Veränderungen anzustoßen. Blick zurück ja, aber eben auch ganz bewusst nach vorn.

Matthias Herter, Vorsitzender der Geschäftsführung der meravis Wohnungsbau- und Immobilien GmbH, Hannover, sah das ebenso. Er gestalte in seiner Rolle als institutionelle Bauherrenschaft Stadt und Baukultur und versuche, Werte zu erhalten und zu steigern, gleichzeitig aber den Umgang mit Stadt immer wieder neu zu denken. Er forderte ein Quartiers-Bündnis mit allen Beteiligten. Hannover scheint mit „Mein Hannover 2030“ da bereits auf einem guten Weg zu sein.

Fand die Runde also einen Konsens in der Baukultur? Am Ende werde diese halt von verschiedenen „Blickwinkeln“ und „Haltungen“ geprägt, so Nagel. Ursula Baus machte jedoch noch etwas deutlich, das als Ergebnis des Abends sicherlich so stehen bleiben kann: „Ohne die Architektenkompetenz geht es nicht“, sagte sie.

 

Fotos: Wydmuch