29. Mai 2008 | Altes Rathaus Hannover | Jo. Franzke
Stadt ist nicht grün, Stadt ist versteinert. Jo. Franzke, der Architekt mit dem Punkt im Namen, findet das auch ganz gut so. Er war nie ein Freund der Architektur und des Lebens auf der „grünen Wiese“. Er ist ein Verfechter der Stadt. An ihr schätzt er die Vielfalt ihrer Bevölkerung, das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Kulturen und Interessen.
Seine Stadt ist geprägt von Dichte und Vielfalt, fordert Toleranz und Kommunikation. Franzke lebt seit über 30 Jahren in Frankfurt, arbeitet mittlerweile aber weltweit. Zunächst machte er sich im Büro- und Flughafenbau einen Namen. Dennoch war auch das Wohnen als Aufgabe immer präsent. Mit kleineren Projekten wie der Aufstockung eines Dachgeschosses im Frankfurter Nordend sammelte er erste Erfahrungen. Nach und nach gewann der Wohnungsbau schließlich an Bedeutung. Miet- und Eigentumswohnungen, Großwohnprojekte und Luxuswohnungen gehören heute zum ständigen Repertoire seines Büros. Nicht nur der Neubau, auch die Umnutzung von bestehenden Gebäuden, immer aber die Verdichtung des Stadtraums stehen im Zentrum von Franzkes Planungen. Für die Sanierung eines Wohnblocks der Neuen Vahr in Bremen erhielt der Architekt kürzlich einen Bauherrenpreis. Die Aufträge kommen von Privatleuten, genauso wie von Immobilien- oder Wohnungsbaugesellschaften. Aber auch von Diktatoren.
Seit 2006 baut Franzke in Libyen an einem Stadterweiterungsprojekt von 210 Hektar in Tripolis. Die Planung umfasst 4.600 Wohnungen und zwei 24-stöckige Bürohochhäuser. Franzke will einen zeitgemäßen Wohnungsbau, der die kulturelle Ausgangslage und die ästhetischen Besonderheiten des Landes berücksichtigt. Ein globaler Einheitsbrei, der die regionale Architekturgeschichte verraten würde, ist nicht sein Ding, sagt er und zeigt doch für Europa und Afrika ähnliche Typologien. Die Termini, die Franzkes Architektur beschreiben, sind eben weltweit einheitlich: hohe (Material-)Qualität, Strenge, kühle Sachlichkeit und (Zurück-)Haltung. Nicht verwunderlich bei einem Weggefährten von O.M. Ungers`.
„Reduktion auf das Wesentliche“ nennt Kammerpräsident Wolfgang Schneider diesen Stil. Franzke selbst geht es um die wohlhabenden Menschen, die in eine moderne Wohnung ziehen, fortschrittliche Infrastruktur nutzen und so ein besseres Leben leben. Ein Leben, das ihnen – selbst in Libyen – ein Stück mehr Freiheit verschafft. Der moralischen Diskussion, ob Architekten für Diktatoren bauen können, verschließt sich der Weltgewandte. Sie können, lautet sein Statement.
Von Tripolis bis Frankfurt unterscheiden sich die Ziele der Architektur Franzkes am Ende wenig. Frei wollen sich seine Bauherren im Westend ebenfalls fühlen. Bei 600 m² Wohnfläche und Ausblick auf die Skyline gibt es dabei wahrlich kaum Probleme. Die finanziellen Freiheiten der Auftraggeber verschaffen auch dem Architekten Spielräume. Franzke vermeidet es aber in die Vollen zu gehen. Sein Anspruch besteht darin, mit den vorhandenen Flächen insgesamt sparsam umzugehen und sich auf die Konversion von Brachen, die Nachverdichtung und Revitalisierung des Bestandes zu konzentrieren. Kritiker erkennen, dass dies in der Natur der Sache liegt, schließlich gibt es in Frankfurt kaum noch ungenutzte innerstädtische Potenziale für Neubauten.
Franzke baut für eine junge, leistungsstarke Bevölkerungsgruppe, die in der Stadt leben möchte und sich dies auch leisten kann. Das ist in Nordafrika nicht viel anders, als in Deutschland. Seinen Vortrag bei der Kammerreihe „Architektur im Dialog“ im Mai in Hannover nannte er „Stadtluft macht frei“. Frei ist am Ende jedoch immer nur der, der sich auf ein demokratisches und freiheitliches Staatsgefüge verlassen kann. Das wird die Architektur von Franzke auch nicht ändern können.
Fotos: Jana Striewe