9. November 2016 | Altes Rathaus, Hannover | Heiner Farwick + Dagmar Grote
Keine Angst vorm Satteldach
Dagmar Grote und Heiner Farwick waren am 9. November 2016 genau richtig bei „Architektur im Dialog“, denn sie machten glaubhaft deutlich, dass ihre Architektur aus dem Dialog heraus entsteht. Gemeint war natürlich der Dialog mit den Bauherren, aber auch der Dialog mit dem Ort und den räumlichen Gegebenheiten. Wie kann das Vorgefundene im Sinne der Traditionen der europäischen Stadt weiterentwickelt werden? Farwick und Grote suchen nach der Verbindung zum Ort, zum Stadtgefüge, sie gehen auf Tuchfühlung mit dem Bestand und führen ihn eher fort, als ihn neu zu interpretieren. Die Gebäude sollen keine Solitäre sein, sich nicht unabhängig von ihrer Umgebung machen. Weiterbauen, nannte es der Architekturkritiker Nils Ballhausen im dem auf den Vortrag folgenden Gespräch mit den beiden Architekten.
Dialog nehmen die Arbeiten von farwick + grote auch zum Naturraum auf, die Materialien sind oft ökologisch (Holzbau) und nachhaltig. Ziel ist es, eine hohe Qualität auch unter hohem Kostendruck zu erreichen. Dieser sei vor allem beim öffentlichen Bauherrn in den letzten zehn Jahren immens gestiegen, so Farwick.
Dialog suchen sie selbstverständlich auch zum umgebenden Bestand. Ein Pflegheimneubau haben Farwick und Grote so gesetzt, dass der Stufengiebel des historischen Nachbargebäudes nicht verdeckt wird. Rücksicht auf Blickbeziehungen, Herstellung von Querbezügen und Transparenz zeichnen die Arbeiten aus. „Keine Angst vorm Satteldach“, sagt Farwick, wenn es denn besser als andere Formen in den Kontext passt. Wie aufregend muss Architektur denn sein, fragen beide. Antwort: „Nicht immer so aufregend.“ Architektur müsse sich auch zurücknehmen können, um dem Ort zu dienen.
Die Projekte ihres Büros stammen oft aus Wettbewerbserfolgen, die Entwürfe erarbeitet das Architektenpaar gemeinsam, die kreative Auseinandersetzung mit den Ideen des anderen ist dabei ein projektförderndes Korrektiv.
Als Präsident des Bundes Deutscher Architekten bemüht sich Heiner Farwick seit Dezember 2013 auch um die Belange des Berufsstandes. Darauf wies Wolfgang Schneider, der Vorsitzende der Lavesstiftung, eingangs hin. Farwick werbe für die Leistungen von Architekten, für Qualität in der Architektur und für die Wertigkeit der Baukultur als Ganzes. Heiner Farwick sei glaubhaft, so Schneider, weil er seinen Standpunkt mit Beispielen aus seiner eigenen Arbeit belegen könne.
Farwick räumte aber ein, dass viele Projekte heute vermutlich nicht mehr so umsetzbar seien wie noch vor einigen Jahren. Im Prozess würde leider immer weniger auf Argumente gehört, so seine Feststellung. Auch diese Einschätzung war genau richtig am Abend von „Architektur im Dialog“, dem 9. November, an dem auch Donald Trump zum nächsten US-Präsident gewählt wurde.
Fotos: Kai-Uwe Knoth